Am 21. Oktober erscheint das Buch "Krise und Zukunft des Sozialstaates" von Christoph Butterwegge in 4., gründlich überarbeiteter und um ca. 120-150 Seiten erweiterter Auflage im
VS - Verlag für Sozialwissenschaften (Inhaltsverzeichnis und
Thesen dazu anbei). Tagespolitisch aktuell enthält es u.a. eine
sozialpolitische Halbzeitbilanz der Bundesregierung von CDU, CSU und
FDP, die am 26. Oktober zwei Jahre amtiert.
Christoph Butterwegge
Krise und Zukunft des Sozialstaates
4., überarbeitete und erweiterte Aufl. Wiesbaden 2011, 454 Seiten, gebunden; ISBN-Nr. 978-3-531-15851-8, Ladenverkaufspreis: 24,90 EUR
Informationen/Rezensionsexemplare über: Frau Karen Ehrhardt, VS – Verlag für Sozialwissenschaf-ten, Tel.- und Fax-Nr.: 0611/7878-394; E-Mail: karen.ehrhardt@vs-verlag.de
(voraussichtlicher Erscheinungstermin: 21. Oktober 2011)
Heute leugnet kaum noch jemand, dass sich der Sozialstaat in einer tiefen Krise befindet, aber ist es tatsächlich die Krise des Sozialstaates, oder wird dieser nur zum Hauptleidtragenden einer Entwicklung, deren Ursachen ganz woanders liegen? Um welche Sachfragen und Kontroversen es bei der Diskussion darüber geht, macht dieses Buch deutlich. Sein Verfasser stellt Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des Weltmarktes („Globalisierung“), dem demografischen Wandel sowie den Strategien von Parteien und gesellschaftlichen Interessengruppen her. Inhaltlich schlägt Butterwegge einen weiten Bogen von den Bismarckschen Sozialreformen im 19. Jahrhundert über die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates nach dem Zweiten Weltkrieg sowie seinen „Um-“ bzw. Abbau in der Gegenwart bis zu einer solidarischen Bürgerversicherung, die seiner Meinung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen vorzuziehen und am ehesten geeignet ist, das historische Projekt der Gewährleistung sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit durch permanente Staatsintervention fortzusetzen. Daneben werden konkrete Alternativen zur gegenwärtigen Arbeitsmarkt-, Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Familienpolitik erörtert.
Der Autor: Prof. Dr. Christoph Butterwegge lehrt Politikwissenschaft und ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln.
Inhalt
Vorbemerkungen
1. Grundlagen und Organisationsstrukturen des Sozialstaates
1.1 Begrifflichkeiten, Definitionen und Wohlfahrtsstaatstheorien
1.1.1 Aufgaben der Sozialpolitik: Inklusion, Kompensation und Emanzipation
1.1.2 Wohlfahrts- und Sozialstaat: Entwicklungsstufen, Gegensätze oder Synonyme?
1.2 Wohlfahrtsstaatstypen im internationalen Vergleich
1.3 Struktur- und Gestaltungsprinzipien des deutschen Sozialsystems
2. Das „goldene Zeitalter“ des Wohlfahrtsstaates: Auf-, Ab- und Ausbau des Systems der sozialen Sicherung
2.1 Entstehung und Entwicklung des Sozialstaates im Kaiserreich (1870/71 bis 1914)
2.2 Konsolidierung des Sozialstaates, Weltwirtschaftskrise 1929/33 und „Drittes Reich“
2.2.1 Der Erste Weltkrieg als Katalysator und die Weimarer Republik als Stabilisatorin sozialer Sicherung
2.2.2 Volkswirtschaft, Wohlfahrtsstaat und Demokratie im Niedergang
2.2.3 Zentralisierung, Entdemokratisierung und Ethnisierung des Sozialstaates unter Adolf Hitler
2.3 Vom Zweiten Weltkrieg bis zur Weltwirtschaftskrise 1974/75: Sozialpolitik als Waffe im Kampf der Systeme
3. Vom Modellfall zum Auslaufmodell? – Medienberichterstattung und Akzeptanzprobleme des Wohlfahrtsstaates
3.1 Die prinzipielle Kritik am Sozialstaat
3.1.1 Neoliberale beklagen die Bürokratisierung des Staates und die Schwächung der wirtschaftlichen Dynamik
3.1.2 Kommunitarier monieren die Dominanz des Marktes und die Entmachtung bzw. Entmündigung der Zivilgesellschaft
3.1.3 Feministinnen bemängeln die Orientierung des Sozialleistungssystems am Industriearbeiter und die Benachteiligung der Frau
3.2 Die populäre Kritik am Sozialstaat
3.2.1 Generosität als Strukturmangel des Wohlfahrtsstaates – das Argument seiner übertriebenen Großzügigkeit („soziale Hängematte“)
3.2.2 Leistungsmissbrauch als permanente Gefahr – das Argument einer massenhaften Ausbeutung des Wohlfahrtsstaates (durch „Sozialschmarotzer“)
3.2.3 Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung als Bedrohung des Sozialstaates – das Argument seiner Überlastung durch den demografischen Wandel („Vergreisung“)
3.2.4 Sozialpolitik als übermäßige Belastung des Wirtschaftsstandortes – das Argument eines durch die Globalisierung erzwungenen Umbaus („Standortschwäche“)
3.3 Auswirkungen der Kritik auf das Massenbewusstsein: Ergebnisse von Umfragen zum Rückhalt des Sozialstaates
4. Wirtschaft, Soziales und Wohlfahrt in der (Sinn-)Krise
4.1 Massenarbeitslosigkeit, Finanzierungsprobleme des Sozialstaates und Leistungsabbau durch die Regierung Schmidt (1974/75 bis 1982)
4.2 Die erste Halbzeit der Regierung Kohl (1982 bis 1989/90): „Wende“-Rhetorik und staatliche Konsolidierungspolitik
4.3 Die zweite Halbzeit der Regierung Kohl (1990 bis 1998): Wiedervereinigung auf Kosten des Sozialstaates?
4.4 Die liberalkonservative Transformation des Sozialstaates und ihre Legitimation auf einzelnen Politikfeldern
4.4.1 Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes als Rezept zur Verringerung der Erwerbslosigkeit
4.4.2 Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und Reindividualisierung des Krankheitsrisikos
4.4.3 Rekultivierung der Familienpolitik als Kernstück konservativer Sozialstaatlichkeit
4.4.4 Die Soziale Pflegeversicherung als neuer Versicherungszweig: Krönung oder Niedergang der Wohlfahrtsstaatsentwicklung?
4.5 Fazit
5. Die rot-grüne Regierungspolitik: Auflösung des „Reformstaus“ oder Verschärfung des Sozialabbaus?
5.1 Sozialreform im Konsens? – Wiederbelebung, Ergebnisse und Scheitern des „Bündnisses für Arbeit“
5.2 Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Beschäftigten, Bedürftigen und sozial Benachteiligten?
5.3 Die rot-grünen Steuerreformen als modifizierte Fortsetzung der Umverteilung von unten nach oben
5.4 Die sog. Riester-Rente: ein mutiger Schritt zu mehr Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit?
5.5 Revolution in der staatlichen Familienpolitik oder frauenpolitischer Rollback?
5.6 Die sog. Hartz-Kommission, ihre Vorschläge zur Arbeitsmarktreform und deren Umsetzung
5.7 Gerhard Schröders Agenda 2010 als Bauplan für den „Um-“ bzw. Abbau des Sozialstaates
5.8 Einrichtung, Arbeit und Resultate der sog. Rürup-Kommission
5.9 Gesundheitsreformen zwischen mehr Solidarität, Marktorientierung und Wettbewerbswahn
5.10 Armutsberichterstattung und -bekämpfung
5.11 Fazit
6. Die zweite Koalition von CDU, CSU und SPD: Sozialpolitik paradox – großzügig und kleinkariert
6.1 Entstehungsgeschichte, Hauptrepräsentanten und Grundpositionen der zweiten Großen Koalition
6.2 Wohlfahrtsstaat im Zangengriff – mediale Stimmungsmache und erste Weichenstellungen
6.3 Nebenwirkungen und „Nachbesserungen“ von Hartz IV: Reformmaßnahmen zur „Korrektur“ der Arbeitsmarktreform
6.4 Rufe nach mehr „Generationengerechtigkeit“: Politik gegen Rentner/innen sowie für Kinder und Jugendliche?
6.5 Familien- als Bevölkerungspolitik: Kampf der Armut an statt der Armut von Kindern
6.6 Die Einführung des Gesundheitsfonds als Vorbereitung der Gesetzlichen Krankenversicherung auf einen Systemwechsel
6.7 Steuerpolitik als Echternacher Springprozession: Vor- und Rückwärtsreformen der Mehrwert-, „Reichen-“, Unternehmen- und Erbschaftsteuer
6.8 Krisenmanagement, Bankensanierung und Konjunkturprogramme im Gefolge der globalen Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise 2008/09
6.9 Fazit
7. Die neuerliche Koalition von CDU, CSU und FDP: Mehr Freiheit durch weniger Sicherheit, Gleichheit und Gerechtigkeit?
7.1 Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts statt „sozialer Grausamkeiten“?
7.2 Beschleunigung des Wachstums oder der Umverteilung von unten nach oben?
7.3 Das sog. Zukunftspaket: „Sparen“ auf Kosten der (Langzeit-)Arbeitslosen, ihrer Kinder und des Sozialstaates?
7.4 Hartz IV als sozialpolitische Dauerbaustelle: Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebens oder Übergang zu „Hartz V“?
7.5 Die schwarz-gelbe Gesundheitsreform: Beendigung der paritätischen GKV-Finanzierung und Etablierung der Kopfprämie durch die Hintertür
7.6 Mehr soziale Ungleichheit durch Regierungspolitik nach dem Matthäus-Prinzip – eine kritische Zwischenbilanz
8. Diskussionen über die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Wohlfahrtsstaates
8.1 Die sozialdemokratische Programmdebatte und Wandlungen der Wohlfahrtsstaatstheorie
8.2 Das Schröder/Blair-Papier und der „aktivierende Sozialstaat“ als Leitbild der sog. Neuen Mitte
8.3 Die soziale Gerechtigkeit – Grundwert oder Standortrisiko?
8.4 Rot-grüne Regierungspraxis und sozialdemokratische Prinzipien im Widerstreit
8.5 Modernisierung oder Abschied der SPD (wie auch der CDU) von sich selbst?
8.6 Sozialpolitik in den neuen Grundsatzprogrammen von CDU, CSU und SPD
8.6.1 Das SPD-Leitbild des „vorsorgenden Sozialstaates“
8.6.2 „Chancengesellschaft“ und „Solidarische Leistungsgesellschaft“ – die Leitbilder der Union
8.6.3 „Chancengleichheit“ als Ersatz für soziale Gerechtigkeit?
8.6.4 Verwirklichung von mehr Gerechtigkeit ohne Umverteilung von Geld?
8.7 Von Thilo Sarrazin über Peter Sloterdijk zu Guido Westerwelle und wieder retour
8.7.1 Die sog. Sloterdijk-Honneth-Kontroverse
8.7.2 Der neoliberale Wohlfahrtsstaatsverriss à la Westerwelle
8.7.3 Thilo Sarrazins rechtspopulistische Diffamierung von Armen, Migranten und Sozialstaat
9. Alternativen zum neoliberalen „Um-“ bzw. Abbau des Sozialstaates
9.1 Vermarktlichung des Sozialstaates oder Schaffung einer solidarischen Bürgerversicherung?
9.2 Vorgeschichte und Wegbereiter (der Idee) einer Bürgerversicherung
9.3 Alternativmodelle zur Finanzierung der Krankenversicherung: Gesundheitsprämie (Kopfpauschale) und Bürgerversicherung
9.4 Steuer- statt Beitragsfinanzierung der sozialen Sicherung: eine Fehlorientierung
9.5 Abkopplung der sozialen Sicherung von der Erwerbsarbeit durch eine Wertschöpfungsabgabe
9.6 Die solidarische Bürgerversicherung – als institutioneller Kern eines zukunftsfähigen Sozialstaates
9.7 Einwände gegen die Bürgerversicherung und Möglichkeiten ihrer Widerlegung
9.8 Die bedarfsorientierte Grundsicherung als Ergänzung der Bürgerversicherung
9.9 Das bedingungslose Grundeinkommen – Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip?
Abkürzungsverzeichnis
Literaturauswahl